Protest gegen Neptun

 

Nachdem uns der Nachtisch des Sailors Dinner gestern Abend erst gegen 22:45 Uhr erreicht hatte, schafften wir es gerade so, genügend Schlaf zu sammeln, um heute Morgen pünktlich um 9 Uhr beim Coach-Meeting zu erscheinen.

Die Schiffe waren bereits aufgebaut, der Mastfall gemessen und die Segelsachen auch schon am Leib.

Der Tag startete mit ordentlich Sonne und wie immer Nordwind.

Die Wettervorhersage war ein Traum, und so konnte es ja nur ein schöner Tag werden… oder?

Was Neptun an diesem Tag jedoch mit uns vorhatte, konnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Ansatz erahnen.

 

Kurz noch auf Delta warten, rein ins Schiff und raus aus dem riesigen Hafen auf das offene Mittelmeer.

Einsegeln war herrlich. 6–7 Knoten konstanter Wind und nur eine kleine Welle sorgten für gute Laune im gesamten Team.

 

Doch dann fing der Spaß erst so richtig an.

Der erste Startversuch wurde ohne ersichtlichen Grund 1,5 Minuten vor dem Start abgebrochen.

Okay, neuer Startversuch. Der Wind nahm bereits allmählich ab.

Katja, Anneke und ich starteten mit einigen anderen Top-Seglern ganz links auf der bevorteilten Seite.

Die linke Startkreuzseite hatte ja bisher auch immer funktioniert.

Naja, diesmal hat uns Neptun eines Besseren belehrt.

Während wir uns bei 3–4 Knoten Richtung Tonne 1 quälten, schienen die Schiffe auf der rechten Seite einen ganz leichten Dreher und einen Hauch mehr Druck bekommen zu haben.

Jedenfalls hatten diese schon an Tonne 1 ca. 5 Minuten Vorsprung.

Naja, was soll’s – Kopf hoch, weitermachen. Konzentration war die Devise, während der Wind immer weiter abnahm.

Der Vorwind war mehr ein Gedümpel und Hoffen, dass einen die Welle in Richtung Gate schubst, als ein wirkliches Segeln. Jedenfalls schienen die Wellen wenigstens hier auf meiner Seite gewesen zu sein, denn ich holte einige Schiffe auf.

 

Komplett in Lee sitzend versuchte ich, irgendwie Luvkrängung zu verhindern und „Druck“ im Schiff zu behalten, sodass ich meinen Weg wieder hoch zur Luvtonne fand.

Mittlerweile konnte man das, was wir da auf dem Kurs trieben, nun wirklich nicht mehr Segeln nennen.

Aber nun gut, die Bahn wurde nach dem Halbwind verkürzt und die ersten erreichten bereits das Ziel, als ich an der Luvtonne ankam.

Für mich hieß es jetzt also noch, den Halbwind zu überleben und dann ab ins Ziel.

Auf dem Halbwind fuhr ich richtig stolz an einem Pulk Spanier vorbei und nutzte den letzten halben Knoten Wind, um vorwärts ins Ziel zu kommen.

Naja, gut, ca. 1,5 Bootslängen vor dem Ziel hatte sich das mit dem Vorwärts dann leider erledigt und das ganze Pulk trieb ohne Druck im Segel wieder vom Ziel weg.

So standen wir da, ein Pulk aus 6 Booten, beobachtet von 2 Jury-Schiffen, die noch irgendwie hofften, ins Ziel zu kommen.

Nach dem Motto „Satz mit X, das war wohl nix“, ging die Zielflagge auch in diesem Moment nach unten. Das Ziel war so nah und doch so fern…

Während ich es gerade so nicht mehr ins Ziel geschafft hatte, hielten sich Tora und Anneke noch an Tonne 1 auf. Sie bogen direkt ab und dümpelten in Zeitlupe zurück Richtung Startschiff.

 

Die 0 Knoten sorgten für bizarre Szenen auf dem Wasser.

Während links neben mir ein Spanier versuchte mit den Händen paddelnd vom Fleck zu kommen, versuchte ein Belgier eher schlecht als recht sein Schwert als Paddel zu benutzen. 

Ich nahm kurzerhand mein Segel runter und pumpte mich Richtung Katja. Das ging definitiv schneller als mit Segel.

 

Keine 10 Minuten später setzte aus Süd schönster Wind ein. Also schnell den Kurs gelegt und neuer Start bei 5–8 Knoten Wind.

Mein Start war ein absoluter Traum. Ganz in Lee konnte ich kurz nach dem Start das gesamte Feld crossen. Aber auch hier hatte Neptun wieder andere Pläne für mich.

Katja fuhr wie immer ganz allein links und kam oben an der Tonne mal wieder als Erste an.

Meine Wende war leider einen Moment zu früh gesetzt.

Bei schönstem Wetter konnte Katja zwar Camilla nicht mehr in Schach halten, schaffte es aber, das Rennen als Zweite zu beenden.

Für einen traumhaften Abschluss des Tages sorgte in der sehr kurzen Pause zwischen dem zweiten und dritten Rennen dann die Flagge O und ordentlich auffrischender Wind.

Na endlich!

Sonne, Wind und Welle. Was für ein Traum. Kaiserbedingungen vor der spanischen Küste.

Das Rennen war dann einfach nur noch zum Genießen und ein perfekter Abschluss des Tages.

Da konnte man dann schon mal kurz vergessen, dass das erste Rennen am selben Tag stattgefunden hat.

Nach den Rennen wartete noch eine letzte Herausforderung auf uns: Die Schiffe wieder an Land bekommen.

Für die knapp 60 Schiffe stehen hier grade mal 2 kleine Sliprampen zur Verfügung und vorher aussteigen ist nicht.

Typisch Spanier: Sie bretterten alle Vorwind mit Segel oben auf die zwei kleinen Rampen zu und machten auch keine Anstalten, ihr Segel runterzunehmen. Absolutes Chaos. Ohne unsere Schiffe komplett zu zerstören, schafften wir es aber doch irgendwie an Land.

Zurück an Land fragte Sascha dann Tora, warum die ganzen Schiffe, die es nicht mehr ins Ziel geschafft hatten, nicht protestieren würden.

Aber was sollten wir tun? Gegen Neptun protestieren?

 

Heute Abend heißt es dann nur noch: Beine hoch und ausruhen.

Für morgen ist zwar noch kein Wind angesagt, aber was nicht ist, kann ja noch werden…

 

Jessi

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Bootsservice Gerd Eiermann